Am 3. Juni 2004 habe ich die CD vom AmigaOS 4.0 Pre-Release erhalten, ein Produkt, auf das ja wohl jeder seeehnsüchtigst gewartet haben dürfte, ist nun endlich vorhanden und zwar REAL! :)
Ich werde hier meine ersten Eindrücke von der Installation und der ersten Benutzung des Pre-Releases schildern (ich nenne das mal AOS4, auch wenn es nicht das Final Release ist). Ich muss hier an dieser Stelle darauf hinweisen, das ich seit 1989 Amigianer bin und von daher nicht unbedingt objektiv bin wenn es um den Amiga geht :)
Teil 1: Vorbereitungen vor der Installation
Da ich meinen AmigaOne XE bereits im Juli 2003 zusammen mit Debian gekauft hatte war die HD natürlich bereits mit Linux installiert, als das AOS4 angekommen ist. Da ich den AmigaOne bis dato aber eh nur zum Rumspielen verwendet hatte, war für mich klar das die gesamte Platte für AOS4 zur Verfügung zu stellen und keinerlei Backups vom bestehenden System zu machen.
Bevor man die eigentliche Installation anstossen kann muss zuerst die Firmware (U-Boot) auf den neuesten Stand gebracht werden (12-Apr-2004). Auf der AOS4 CD sind im Verzeichnis Firmware die üblichen beiden Updater (ISO/FLoppy) enthalten, mit der man das Flashen problemlos hinbekommen sollte.
Es ist empfehlenswert, die InstallationGuides von der CD auf eine zweite Maschine zu kopieren, sodas man diese jederzeit betrachten kann und den Anweisungen leichter folgen kann (ich hab z.B. die Guides auf meiner XP Box installed und mir dort lokal angesehen).
Ich hatte einige Probleme beim Updaten von U-Boot via Bootable CD, nach der Eingabe von diskboot 500000 2:0 wurde zwar kurz der Bootvorgang des Updaters angestossen, jedoch sprang das System kurz darauf wieder zum Bootprompt zurück.
Nach dem Setzen der Umgebungsvariable set autostart yes gefolgt von dem diskboot Kommando wurde dann der Updater auch erfolgreich gestartet.
[UPDATE: Ich habe gelesen das das auch mit dem Kommando bootm funktionieren soll!]
Nachdem Flashen und dem erforderlichen Reboot müssen dann noch einige U-Boot Parameter festgelegt werden, an dieser Stelle sei auch wieder dazu geraten, der InstallGuide WORTWÖRTLICH zu folgen um Probleme zu vermeiden. Das hat bei mir jedenfalls wunderbar geklappt.
Teil 2: Der Erste Start von CD
Nachdem alle Vorbereitungen abgeschlossen sind ist es an der Zeit, das System von CD zu starten um die Installation anzustossen. Nach Eingabe des boota Kommandos wird das AOS4 direkt von CD gestartet. Ich empfand den Ladeprozess als sehr schnell, da man ja im Hinterkopf immer noch die 68K Emulation hat und natürlich auch das Wissen um eine (momentan!) nicht vorhandene DMA Unterstützung.
Es dauerte ca. 50s bis der erste AOS4 Screen auftauchte, und das war dann auch in der Tat der Moment, in dem ich das gute alte Amiga Feeling bekommen habe :) Der erste Requester erschien und teilte mir mit, das ich jetzt erstmal die Locale/Tastatur/Maus Einstellungen für die eigentliche Installation vornehmen soll. Wenn man mit den überarbeiteten Einstellern arbeitet, merkt man sehr schnell, das sich einiges getan hat, so hat z.B. der Zeit Einsteller jetzt Unterstützung für das NTP Protokoll bekommen, was auch gleich funktioniert hat. Ausserdem darf man sich jetzt über volle ISO8859-15 (aka Euro) Unterstützung freuen!
Nach den Einstellungen startet der gute alte Amiga Installer und man wird dann gefragt, ob man jetzt seine Festplatte partitionieren möchte. Wie bereits oben geschrieben, war in meinem Fall die gesamte Platte neu einzurichten, also habe ich das mit 'Yes' quittiert und daraufhin wurde MediaToolBox (Die Erweiterung zu HDToolBox) gestartet. Auch hier springen einem die diversen Erweiterungen ins Auge, ist das Tool doch jetzt in der Lage, CD-Roms, HDs etc. zu kontrollieren.
Die Einrichtung der Festplatte ist relativ einfach, jedoch sollte man auch hier erstmal den Anweisungen der InstallGuide folgen, da z.B. ein SecondLevel Bootprogramm installiert werden muss etc. Lt. Guide ist es wohl auch möglich, RDB Formatierte Platten direkt zu verwenden, das konnte ich aber nicht austesten da mein A4000/060 immer noch 24/7 läuft.
Nach der Einrichtung folgt dann die Partitionierung, lt. der Guide sollte man der Boot Partition mind. 100MB zur Verfügung stellen und ausserdem rund 500MB unpartitioniert lassen, damit das später als Virtual Memory genutzt werden kann.
Nunja, bei einer 80GB Platte kommen mir 100MB fürs Bootlaufwerk doch etwas mickrig vor, ich habe mich daher für folgende Partionierung entschieden:
DH0: (Workbench) – Boot Partition mit 1.1GB
DH1: (Anwender) – 3rd Party Programme - 10GB
DH2: (Coder) – Coder Partition mit allen notwendigen Files - 10GB
DH3: (Storage) – Allgemeiner Datenspeicher - 54GB
Alle 4 Partitionen verwenden das neue FFS DOS/7 Filesystem mit Unterstützung von langen Dateienamen! Soweit ich gesehen habe kann man wohl auch Classic FFS Filesysteme installieren, das war für mich aber keine Option, da ich nach diversen Updates meines Classic Amigas mal wieder eine frische Installation machen wollte und die Platte ja eh noch im A4000 werkelt.
Nach der Partitionierung und abschliessenden Save To Drive muss der A1 neu gestartet werden sodas die Änderungen aktiv werden. Ich war doch sehr angenehm überrascht, das das AOS4 einen "Warmstart" ohne Neu-Aufruf des U-Boot macht (im Gegensatz zu Linux), und das geht dementsprechend schnell. Ich liebe es ;)
Nachdem Reboot müssen die Platten formatiert werden, zumindest die Boot Partion muss logischerweise formatiert werden ;) Ich kann nur jedem raten, auf keinen Fall ein "Full Format" durchzuführen, das hat hier für eine 10GB Partition 1.5 Stunden gedauert! Ein Quick-Format dagegen hat die 54GB Partition in rund 30s initialisiert!
Jetzt kann auch das AOS4 installiert werden, das hat hier rund 5-7 Minuten gedauert und war absolut problemlos (Amiga halt :). Nach der Installation wird man noch nach der gewünschten Bildschirm-Auflösung gefragt, einfach gewünschte Auswählen, CD aus dem Laufwerk nehmen und einen REset durchführen (PC Keyboards: STRG + WINDOWS-LINKS + WINDOWS-RECHTS).
Es dauert ca. 30s danach ist AOS4 das erste Mal von HD gestartet und der mittlerweile wohl bekannte Desktop poppt auf, ready zur Erkundung durch den Benutzer :)
was mir nach dem Start aufgefallen ist: Die Fonts sind endlich Anti-Aliased! Das gibt dem gesamten Desktop einen sehr professionellen Touch. Nach einer kurzen Durchsicht der Installation (Fast alle Tools/Utilities sind von OS 3.9 noch bestens bekannt) habe ich als nächstes das SDK von CD installiert. Die Komplettinstallation benötigt ca. 200MB, dafür erhält man aber auch alles notwendige, über gcc 2.95 + 3.4.0 und GDB sowie alle notwendigen API docs und Headerfiles. Ich bin bisher noch nicht dazu gekommen, mir das genauer anzusehen, aber der Erste Blick war vielversprechend.
Teil 3: Wie es funktioniert
Nun war ich natürlich neugierig zu sehen, in wie weit die 68k Emulation funktioniert. Also habe ich einige Classic Amiga Tools auf AOS4 installiert, das waren unter anderem: Dopus 4.17, CED 4.2, Diavolo, Aweb Demo Version OS3.9 und einige Netzwerk Tools wie Samba, Yam etc.
Mit Ausnahme von Diavolo liefen alle Tools ohne Probleme auf dem A1, Diavolo ist bei mir immer hängen geblieben beim Restaurieren meiner Backupfiles, egal ob v3.2 oder v2000. Alles andere lief aber, und das finde ich höchst erstaunlich, da der JIT Compiler z.B. noch gar nicht implementiert ist. Trotzdem kann ich fast alle Tools aus früherer Zeit weiterverwenden, was ein riesiger Pluspunkt ist!
Der letzte Step in der Konfiguration war die Einrichtung vom Netzwerk, dazu liefert AOS 4 den TCP/IP Stack "Roadshow" mit. Ich war extrem beeindruckt von der leichten Konfiguration, es dauerte rund 2 Minuten, dann war der A1 in meinem LAN eingebunden und ausserdem auch in der Lage, im Internet zu surfen! Das Einstellerprogramm in SYS:Prefs/Internet ist IMO sogar einfacher zu bedienen als das MiamiDX Setup, da kann ich nur sagen:
SPITZENARBEIT OLAF!
Soweit ich das sehen konnte hat Roadshow alles implementiert, was ein moderner TCP/IP Stack haben muss, aber auch hier gilt wieder das das nur ein erster Eindruck ist. Da ich aber auch ohne Probleme auf meine Windows/Linux Boxen zugreifen kann, ist das ja schonmal ein gutes Zeichen :)
Hint: Ich verwende das smbfs.lha Package aus dem Aminet, um auf die SMB Shares zuzugreifen. Das ist kein vollwertiger Ersatz für Samba, aber es läuft und ist kindereinfach zu installieren.
Zuguter Letzt habe ich noch den AOS4 distributed.net Klienten installiert (siehe http://www.distributed.net) und einen Benchmark gefahren. Das Ergebnis war absolut identisch zu der Linux Version: 2.67MKeys/s (G3 @ 800Mhz). Ich lasse den A1 jetzt 24 Stunden am Tag rechnen und es gibt absolut keine Probleme, und das trotz heftigster Benutzung ;)
Teil 4: Fazit
Ich bin absolut überrascht über das Pre-Release von Hyperion. Ich hatte mit so einer Art "Schnell Schnell rauf auf CD" Installation gerechnet, wo alles irgendwie zusammengeschmissen wurde und mehr einer Flickerei gleicht. Was ich dann aber bekommen habe ist eine typische Amiga Software, eine CD, die es erlaubt in weniger als einer Stunde einem nackten A1 Amiga-Leben einzuhauchen...WOW!
Ich könnte hier noch viel mehr schreiben, jedoch juckts in den Fingern, endlich gcc und Konsorten auszuprobieren...also rechnet demnächst mit neuen AOS4 Releases von mir :) Und andere werden Ihre Erfahrungen auch demnächst veröffentlichen, da bin ich mir sicher :)